Samstag, 30. Januar 2010

Geburtstag in Pharping

Am Donnerstag, 28. Januar 2010, Alices Geburtstag, machen wir uns zu Fuss auf den Weg nach Patan, wo wir mit der
Familie Kocher von Swissnepalfamilytrekking abgemacht haben. Unser Ziel ist die British School, wo drei der vier Mädchen dieser Familie in die Schule gehen. Es ist heiss und die abgasgeschwängerte Luft ist stickig. Nachdem wir schon einen militärbedingten Umweg machen mussten, gibt es zum Schluss noch ein kleines, unfreiwilliges Sightseeing im Zielquartier. Schliesslich landen wir trotzdem noch bei dieser Schule. Leider reicht die Zeit nicht mehr, um einen Blick hinein zu werfen. Im Privatauto mit Chauffeur fahren wir ab in Richtung Pharping, wo die Familie seit etwa 8 Jahren lebt. Unterwegs halten wir noch schnell an der German Bakery, um Alices Geburtstagstorte abzuholen.

Pharping liegt etwa 15 km ausserhalb des Stadtzentrums und ist ein bedeutender, buddhistischer Pilgerort. Guru Rinpoche (Padmasambhava), der im 8. Jahrhundert dem ursprünglich aus Indien stammenden Buddhismus in Tibet zum Durchbruch verhalf, hat in einer Höhle hier in Pharping meditiert.

Pharping liegt etwas erhöht, umgeben von Klöstern und eingebettet in die typischen Terassenfelder. Die Luft ist rein und klar, die Aussicht atemberaubend.




Die Familie Kocher wohnt in einem grosszügigen, innen modern ausgebauten Haus und wir fühlen uns fast ein bisschen in die Schweiz versetzt.

Hund Charly, ein riesiges, gemütliches Kerlchen wärmt sich gerne am offenen Kamin auf. (Charly ist der hinten. Vorne im roten T-Shirt, das ist Sämi - auch ein nettes Kerlchen)

Alice ist natürlich happy, ihren Geburtstag an einem Ort feiern zu können, wo es vier Mädchen, einen Hund, Barbiepuppen, ein Playmobilschloss und einen richtigen Garten zum Spielen hat. Und wir geniessen es hier Gäste sein zu dürfen und bleiben gerade zwei Nächte. Herzlichen Dank nochmals an die swissnepalfamily!


Am Samstagnachmittag geht es wieder zurück in die Stadt. Alice (und auch Charly) findet das gar nicht lustig und wäre natürlich am liebsten gleich in Pharping bei den Kochers geblieben.

Nach der guten Luft in Pharping, kommt uns Kathmandu noch viel stickiger vor als vorher. Mal schauen, wie's nächste Woche mit den Visas aussieht...
(Rémy)

Dienstag, 26. Januar 2010

Zeitvertreib in Kathmandu

Ja, wir sind immer noch im Tibet-Guest-House in Kathmandu. Wir sind ja so froh, dass jeden Tag die Sonne scheint, denn unsere "Sozialkompetenz" wird im Moment recht herausgefordert, sind wir uns halt nicht gewohnt, wie die Inder und die Nepalesen zu fünft in nur einem Zimmer zu leben... Zum Glück haben wir ja noch die Dachterrasse...

Inzwischen ist uns auch klar, warum unsere Husten so hartnäckig sind, und auch trotz zwei Flaschen Hustensirup und homöopathischen Globuli nicht verschwinden wollen. Die Luft in Kathmandu ist (das hätte ich nicht geglaubt, wenn ich es hier nicht selber erleben würde) tatsächlich nochmals eine Megastufe schlechter und verschmutzter als in Varanasi. Wahnsinn! In Varanasi trifft man viele Touristen an, welche mit Mundschutz herumlaufen (ob welchen wir uns immer amüsiert haben) hier laufen viel mehr Menschen mit Mundschutz herum, vorwiegend die Nepalesen selber. So sind also unsere Lungen non-stop damit beschäftigt, den Schmutz und die Schadstoffe die sich in ihnen ablagern wollen irgendwie wieder nach draussen zu befördern, langsam haben wir uns daran gewöhnt.

Wir haben inzwischen auch von den teuren Touristen-Taxis (RS 250-300) auf die viel billigeren Mini-Busse (RS 10-15 p.Pers.) als Transportmittel umgestellt. Die sind zwar immer total überfüllt, so zwischen 20-25 Personen in einem Toyota-Minibus, aber dafür auch viel "nepalesischer". So haben wir uns am letzten Freitag in einen solchen Bus gstürzt und uns aufgemacht Richtung Pashupatinath. Das ist Nepals wichtigster Hindu Tempel überhaupt und auch einer der wichtigsten Shiva-Tempel auf dem Subkontinent.


Als Nicht-Hindus durften wir den Tempel zwar nicht betreten, wir sahen aber den riesigen, goldenen "Hintern" von Shivas Bullen "Nandi" – auch sehr imposant! Am heiligen Bagmati Fluss nehmen die Hindus auch Verbrennungen vor, wie wir sie von Varanasi her kennen. Wir haben sehr lange einem Ritual zugeschaut, von einer verstorbenen Frau, die von ihren Angehörigen zum Fluss gebracht wurde. Es war sehr berührend, wie die Familie von ihr Abschied genommen hat, wie sie sie entkleidet haben, um sie dann in schöne Tücher zu wickeln, mit fein duftenden Pulvern (wie u.a. Sandelholz) zu bestreuen und andere Opfer darzubringen. Mir ging dieser Abschied sehr nahe. Was nicht sehr feierlich war, war der "Tätschmeister", der die ganze Zeit lauthals herumgeschrien hat um Anweisungen zu geben. Rémy meinte nur trocken: "Also den könnt ihr dann bei meiner Verbrennung weglassen..." Alice und ich haben tiefschürfende Gespräche übers Sterben geführt und ich finde es schön, wie der Tod hier nicht im stillen Kämmerlein von statten geht, sondern wie hier alle daran teilnehmen und wie der verstorbene Körper nicht versteckt wird, sondern im Zentrum steht und natürlich behandelt wird. Wir erkunden noch das weitläufige Gelände, schlendern zwischen unzähligen, kleinen Shiva-Tempeln hindurch, welche mit noch unzähligeren Affen übersät sind. Unser Zvieri nehmen wir in einem Park ausserhalb des Tempelgeländes. Plötzlich bewegt sich eine Affenfamilie auf uns zu und wir kännen gerade noch in Windeseile unser Zvieri in Sicherheit bringen. Ich bin gerade dabei, den Kindern zu sagen, sie sollen ihre Schoggibrote ganz gut festhalten und nahe an den Körper nehmen, aber da ist es auch schon zu spät für Louis Brötchen: Ein dreister Affe schnappt ihm einfach sein Zvieri aus der Hand... Louis staunt nicht schlecht, es ging so schnell! Er wollte doch gerade ... und Schwupps!

Zur Zeit schlafen wir oft aus, nehmen auf der Dachterrasse gemütlich unser Zmorge, machen anschliessend Hausaufgaben und manchmal noch einen kleinen oder grösseren Ausflug. Da wir fast täglich mit unserem "Visakontaktmann" in Verbindung stehen, liegen keine grösseren Ausflüge drin, wir wollen "ready" sein, falls er Neuigkeiten hat oder uns braucht. Am Abend essen wir dann immer in einem Restaurant Znacht. Das geht zwar ganz schön an die Finanzen, obwohl es natürlich für Schweizerische Verhältnisse hier immer noch viel günstiger ist, aber es gilt ja auch noch das Guest-House, die Wäsche etc. zu bezahlen. Wir wollten ursprünglich nur ca. 2 Wochen in Nepal bleiben, jetzt sind wir schon 20 Tage hier und es werden voraussichtlich noch weitere 2-3 Wochen werden...

Am Sonntag treffen wir uns dann endlich mit Franziska in Bouddha.

Franziska war vor vielen Jahren auch mal Voluntärin im Kiran und lebt und studiert seit vier Jahren in Bouddha in einem Kloster Buddhismus und Tibetismus. Die Kinder freuen sich vor allem, wiedermal mit jemandem in schweizerdeutsch reden zu können. Wir alle freuen uns, endlich die grösste Stupa der Welt bewundern zu können.
Swayambhunath, welche majestätisch auf einem hohen Hügel steht, war schon sehr eindrücklich, und nun noch Bouddhanath! Franziska führt uns durch einen Hintereingang zur Stupa. So können wir das Eintrittsgeld sparen. Das ist drum etwas mühsam hier in Kathmandu, denn bei fast allen Sehenswürdigkeiten (die meisten hier sind UNESCO-Weltkulturerbe) werden wir westliche Touristen ganz schön abgezockt, während alle anderen nichts bezahlen. Wenn wir dann zu fünft daherkommen, geht das ganz schön ins Geld und da geht schon mal ein Nachtessen für die ganze Familie drauf. Wir sind ganz überrascht, dass die Stupa inmitten von Häusern eingebettet steht, wir hatten das Gefühl, sie steht frei... Sie ist wunderschön und gigantisch. Die Ruhe, die sie aussstrahlt ist unglaublich. Majestätisch wie ein Berg steht sie da: Hier bin ich und hier bleibe ich. Auch die Budda-Augen tragen das ihrige zur Wirkung bei. Wir bedauern richtig, dass wir nicht mehr Hintergrundwissen über den Buddhismus besitzen, alles ist so interessant. In Franziska haben wir natürlich die beste "Reiseleiterin", die wir uns nur wünschen können. Die Kinder und wir "bombardieren" sie regelrecht mit unseren Fragen und sie gibt uns kompetent und in einer für uns verständlichen Sprache Auskunft. Wir laufen um die Stupa herum, drehen viele Gebetsmühlen und geniessen die Atmosphäre. Zwischendurch kommt es uns vor wie auf dem Markusplatz in Venedig, mit den vielen Tauben, Restaurants und Shops.


Es herrscht eine friedliche "Ferienstimmung". Franziska engagiert sich auch für die Strassenhunde in Bouddha und überall treffen wir auf ihre Schützlinge, die sie und die Kinder natürlich immer begrüssen und liebkosen müssen. Dann begeben wir uns auf den Weg zu Franziskas tibetischer Familie, bei welcher sie ein Zimmer bewohnt. Zuerst machen wir noch einen Abstecher zum Kloster, in welchem Franziska studiert.

Franziska lebt mit der Mutter, zwei Söhnen, einer Tochter und einem Enkelkind zusammen in einer kleinen Zweizimmerwohnung mit Küche. Wir werden herzlich begrüsst. Alice und auch die Jungs sind natürlich hin und weg von den beiden Hunden und der Katze die auch noch in der Familie wohnen. Welch Paradies für Alice, kann sie einmal mehr ihre Tierliebe voll und ganz ausleben... Die Tochter tischt uns eine herrliche, tibetische Mahlzeit auf: Reis, Gemüse und Dhaal, lecker. Nachher spielen wir noch ein "Rummi" in Franziskas Zimmer. Das Zimmer gehört zwar nicht nur Franziska, denn der "Schrein", also die Götterstatuen, sozusagen der Altar, steht auch noch im Zimmer, sowie diverse andere Gegenstände der Familie. Eigentlich besitzt Franziska nur ihr Bett, einen Tisch und ihre Bücher. Meist schläft auch noch jemand von der Familie in ihrem Zimmer, denn sie hat ja ein Zimmer für sich "alleine", während sich die anderen fünf ein Zimmer teilen müssten... Wir sind tief beeindruckt von Franziskas Lebensweise! Wasser läuft aus dem Küchenhahn schon lange keines mehr, der Hausmeister müsste die Leitung mal flicken lassen. Auch in der Dusche, welche ein kleiner Raum auf dem Balkon draussen ist, und für die Bewohner von vier Wohnungen ist, fliesst kein Wasser, schon gar kein warmes! Einmal mehr wird uns unser Luxus und unser hoher Schweizer Lebensstandard voll und ganz bewusst! Zum Schluss gibt es noch tibetischen Tee zu trinken. Dieser ist jedoch etwas gewöhnungsbedürftig, schmeckt er doch eher salzig und hat nicht viel mit unserem Verständnis von Tee zu tun. Er ist eher vergleichbar mit einer Art Bouillon. Es braucht wohl etwas länger Zeit und "Übung", um sich an diesen Geschmack zu gewöhnen. Franziska begleitet uns nochmals zur Stupa zurück, denn wir wollen sie natürlich noch dreimal umrunden. Jetzt ist es Abend und es hat viel mehr Leute, welche die Stupa umrunden. Am Morgen früh und abends sind die Hauptzeiten für die Buddhisten.
Welch interessanter und eindrücklicher Tag. Mit all dem Erlebten begeben wir uns wieder in einen vollgestopften Minibus nach Hause.

Am Montag hängen wir den ganzen Tag mehr oder weniger im Guest-House herum und wir begeben uns erst gegen Abend auf einen längeren Spaziergang. Wir gehen nochmals ca. 45 Min. nach Swayambhunath. Diesmal wollen wir die Stupa zu Fuss entlang des Hügels umrunden.




Wir drehen unzählige Gebetsmühlen und geniessen die Ruhe. Wir besuchen auch nochmals die Stupa Swayambhunath und weil jetzt schon nach 18h ist, haben die meisten Händler ihre Shops schon zusammengeräumt und es hat auch praktisch keine Touristen mehr. Es ist wunderbar ruhig und angenehm. Endlich mal niemand, der uns irgend etwas verkaufen will, natürlich immer für "good price"... Wir geniessen nochmals die Stimmung und die Aussicht, bevor wir uns wieder auf den Abstieg begeben, um die drei grossen goldenen Buddha Statuen auf der anderen Seite des Hügels noch zu besuchen. Inzwischen ist es stockdunkel und mystisch schön. Wieder drehen wir unzählige Gebetsmühlen. Nicht alle sind so gross wie diese hier:
Die drei Statuen von Avalokiteshvara, Amithaba und Padmasambhava sind gigantisch! Wie sie da beleuchtet auf uns herniederschauen ist eindrücklich. Wir sind beeindruckt und lassen die Stimmung auf uns wirken.
Dann zünden wir jedes ein "Butterlämpli" an und nehmen den Heimweg wieder unter die Füsse. Unser Abendspaziergang hat drei Stunden gedauert und hungrig freuen wir uns auf den Znacht. Heute ist erstaunlich "früh" Ruhe in unserem Zimmer und die Kinder schlafen schnell ein...

Heute Dienstag lernen wir Claudia von der Swiss-Nepal-family kennen. Sie ist am Sonntag mit ihren vier Töchtern aus der Schweiz zurückgekehrt. Unsere Kinder sind ganz aufgeregt und möchten ihre Kinder unbedingt kennenlernen. Claudia lädt uns auch ein, sie mal bei sich zuhause besuchen zu kommen und Alice findet spontan, sie möchte ihren Geburtstag gerne mit ihren Töchtern zusammen verbringen... So werden wir also in zwei Tagen Alices Geburri zusammen mit vier anderen Schweizerkindern – und wieder einem Hund, welch Glück für Alice – feiern. Unsere Kinder sind total happy und können es kaum erwarten, bis Donnerstag wird! So ist es für unsere Kinder gar nicht mehr so schlimm, dass sie morgen am Kiran Geburtstagsfest nicht teilnehmen können...
(Claudia)

Donnerstag, 21. Januar 2010

Visa-Depression

Heute bricht bei uns für einen Moment die grosse Depression aus. Unser "Visa-Agent" macht uns keine grossen Hoffnungen. Es scheint sogar, dass wir nochmals 2 Wochen in Nepal bleiben müssen. Wir sind alle ziemlich deprimiert, traurig und auch wütend, haben wir doch so sehr gehofft, dass es noch klappen würde und wir rechtzeitig zum 27. Januar 2010 wieder im Kiran sind. Am 28. hat ja dann Alice noch Geburtstag und den hätten wir auch gerne in Indien gefeiert. Aber die Bürokratie siegt wieder einmal über die Vernunft. Ein bisschen Trost kommt auf, als wir in den CNN-News hören, dass die Solothurner Filmtage aus Solidarität zu zwei treuen Mitgliedern abgesagt wurden, da diese in Kathmandu von den indischen Behörden brutal festgehalten werden... Nein, Quatsch, wir haben uns dann einfach auf die vielfältigen Probleme vieler Leute in Indien und natürlich auch in Nepal besinnt und sind zum Schluss gekommen, dass unser Problem ja eigentlich nicht wirklich ein Problem ist. Und obwohl das Länger-In-Kathmandu-Hängenbleiben unsere Finanzen mehr als geplant strapaziert, haben wir uns am Abend eine feine Pizza gegönnt und die Stimmung wieder ins Lot gebracht.
Anstrengend ist halt einfach, dass wir jetzt noch mehr aufeinandergepfercht sind. Wir haben ein Hotelzimmer, das wir uns teilen und Kathmandu ist nicht gerade der ideale Ort, um die Kinder draussen spielen zu lassen. Aber eben, es gibt Schlimmeres. Don't worry, be happy! Om!
(Rémy)

Mittwoch, 20. Januar 2010

Trekking im Annapurnagebiet

Mittwoch, 13.1.2010. Heute ist wieder mal früh Tagwache angesagt, denn wir reisen mit dem Bus nach Pokhara. Unser Guide Ashta und der Träger Ram kommen uns um 06.30h an der Reception abholen. Die Kinder sind noch ganz schlaftrunken und torkeln hinter uns her zur Busstation. Die Reise ist ruhig und angenehm. Ab sofort haben wir "Vollpension", der Bus hält zweimal an für Frühstück und Lunch und wir schlagen uns die Bäuche voll an den Buffets.

Die Landschaft und die Häuser die an uns vorbeiziehen sind anders als vorher. Es ist viel ländlicher, es hat mehr Platz. Die Leute scheinen ihre Heime mehr zu pflegen: Sie haben Gärten und z.T. auch recht Ordnung ums Haus herum. Die bunten Häuser mit Blumen sind eine wahre Augenweide anzusehen. Auch den Leuten bei ihren Tätigkeiten zuzuschauen, ist immer wieder interessant, nie langweilig: Menschen die ihr Morgenbad draussen an einer Wasserstelle nehmen, Frauen die Geschirr abwaschen, an einem Bächlein, einem Rinnsal oder an einer richtigen Wasserstelle, immer wieder Schulkinder in ihren Uniformen auf dem Weg zur Schule, Menschen, die ihre Shops oder Marktstände vorbereiten, Kinder, Hühner, Hunde die noch kaum wach sind und ganz verschlafen dreinschauen... Dann natürlich die vielen Terrassenfelder, die an uns vorbeiziehen. Es wird zur Zeit viel Weisschabis angepflanzt und ich glaube, auch ab und zu ein Senffeld zu sehen. Nach ungefähr sieben Stunden kommen wir in Pokhara an. Es ist hier viel ruhiger und friedlicher als in Kathmandu. Ich erkläre den Kindern, dass das nun ein grösseres Dorf sei und drum so wenig Verkehr habe. Später muss ich diese Antwort dann widerrufen, denn Pokhara ist die zweitgrösste Stadt Nepals, ein "Megaschluuch" und auch hier übersät mit Touristshops, Trekkingshops und Restaurants. Zum Glück sind wir in der Zwischensaison hier und es ist ruhig und wimmelt nicht von Touristen.

Unser Hotel "Yeti" ist sehr schön, von der Aussenfassade hängen wunderschöne, orangene Blumen herunter, es gefällt mir auf den ersten Blick.

Wir bekommen zwei saubere Zimmer, ich bin sehr überrascht. Die sauberen Zimmer werden uns glücklicherweise während des ganzen Trekks begleiten. Nachdem wir uns eingerichtet haben, gehen wir mit den Guides noch auf "Sightseeing-Tour". Wir besuchen zuerst die "Davi-Falls", ein Wasserfall mit Grotte. Momentan zwar nicht sehr spektakulär, weil nicht viel Wasser runterfällt, aber die Grotte ist schön.

Dann fahren wir zum See und nehmen ein Boot zu einer kleinen Insel mit einem Hindutempel drauf. Wir schlendern ein bisschen auf der Insel rum und fahren dann mit dem Boot noch um diese herum und zurück ans Land. In einer Pizzeria essen wir Znacht und die Kinder sind happy mit dem Food. Kurz nach 20 h sind wir alle im Bett und obwohl im Garten des nächsten Hotels noch riesen "Rambazamba" abläuft, finden wir irgendwann den Schlaf. Wir sind ja inzwischen recht lärmresistent!

Donnerstag, 14.1. Um 06.30h ist Tagwache, denn um 07.00h holt uns ein kleiner Bus ab und bringt uns nach einer Stunde Fahrt noch näher zu den Bergen, nach Nayapul, 1070 m ü.M., (Neue Brücke) unserem Ausgangspunkt.

In diesem Dorf komme ich mir ca. 100 Jahre zurückversetzt vor. So vieles wird noch von Hand verrichtet, die Leute schleppen die schwersten Körbe auf ihren Rücken und immer wieder betrachten die Leute unsere Kinder ganz ungläubig. Alles ist so anders. Bald schon gilt es, unsere "Annapurna-Resort-Ausweise" zu zücken und uns beim Checkpoint anzumelden. Dann essen wir Zmorge und endlich beginnt unsere Wanderung. We are so ready for this adventure!

Schon überqueren wir die erste Hängebrücke und immer wieder ziehen Maultiere-, Maulesel-, Ponykarawanen an uns vorbei. Der Fluss, an welchem wir entlangwandern, lädt zum Verweilen ein. Immer wieder äussert Louis den Wunsch, eine Pause zu machen und am Fluss zu spielen. Ich sage dies dem Guide mehrere Male, aber er hat kein Musikgehör... Die Landschaft ist wunderschön. Zwischendurch komme ich mir vor wie an der Maggia, nur die Tessiner Rustico schauen hier ganz anders aus: Es sind wunderschöne, farbenfrohe Häuser, micro Dörfer und immer wieder Übernachtungsmöglichkeiten und kleine Beizlis, welche an uns vorbeiziehen. Die Terrassenfelder machen dann klar, dass wir uns nicht im Tessin befinden. Diese Landschaft ist für uns so neu und eindrücklich, dass wir uns immer wieder an ihr sattsehen müssen. Der Wanderweg ist mit Steinen von Hand gelegt, super zum Laufen. So wandern wir ca. 3 Std. in dieser uns so neuen Landschaft vorbei mit seinen verschiedenen Grüntönen, bunten Lodges und natürlich den Bergen, die immer wieder hervorschauen, allen voran der Machhapuchhre, 6993 m ü.M., besser bekannt als "fishtail", also Fischschwanz. Für uns hat er eh etwas von unserem Matterhorn.

Nach dem Mittagshalt geht dann die Post ab. Wie angekündigt, gehts jetzt für 2 Stunden "s'Loch uuf". Die Kinder bekommen jetzt hochrote Köpfe und schnaufen ganz schön. Es sind meist Steintreppen, die wir erklimmen müssen.

Wir machen immer wieder kleine Pausen und die Kinder machen's wirklich gut. Schnell gewinnen wir an Höhe und die Aussicht ist atemberaubend. Annapurna South, 7219 m ü.M und Hiunchuli, 6434 m ü.M sind jetzt unsere ständigen Begleiter und auch der Fischtail zeigt sich immer mal wieder. Als wir dann plötzlich vor dem "Meera Guest House" stehen und unser Guide uns erklärt, dass dies unser Übernachtungsdomizil ist, sind wir ganz überrascht und happy, dass wir schon da sind. Ich dachte, es geht nochmals 1.5 h opsi... Alice hat sich sofort in die kleinen Hühnern verliebt, die bei uns wohnen und entschliesst sich spontan, heute kein Fleisch zum Znacht zu essen. Rémy entdeckt die lokale Schule mit Kinderbibliothek, welche wir alle besuchen. Die Bibliothekarin gibt uns eine kleine Einführung. Auch spielen Jugendliche noch Volleyball auf dem Schulhausplatz. Wir befinden uns auf über 2000 m ü.M und das Niveau ist trotzdem sehr gut, das sind richtige kleine Profis. Volleyballfelder werden wir noch viele sehen. Volleyball wird an den verrücktesten Orten gespielt und scheint hier sehr beliebt zu sein. Als es immer wie kühler wird, gehen wir zurück zu unserer Lodge mit super Aussicht auf Annapurna, Hiunchuli und Fishtail. Wir kuscheln uns ums wohlige Feuer, die Kinder spielen noch Carambole, auch dies ein vielgespieltes Game in Nepal, und essen anschliessend unser Znacht. Remy, Sämi und ich wollen heute mal Yakfleisch probieren. Das erweist sich als schlechte Wahl, denn das Fleisch ist sehr, sehr zäh, wie eine Schuhsole... Naja, die Yaks leben über 3500m und müssen sehr ausdauernd sein und oft schwere Lasten schleppen, die können ja nicht so zart sein wie unsere Hühner, die nach wenigen Wochen schon wieder geschlachtet werden... Am wärmenden Feuer erfahren wir noch, dass morgen das nepalische Neue Jahr beginnt, also das Jahr 2067. Happy New Year in Nepali: Viwa vorsa!

Sämi zum Tag: Es hat mir sehr, sehr gut gefallen am schönen Fluss entlang zu laufen und dass ich bis zum Schluss bei Ram zuvorderst war. Nach dem Mittagessen hat's mir nicht mehr so gefallen, weil ich fast erbrechen musste und Bauchweh hatte. Der Schwarztee beim Znacht war mega lecker. Jetzt freue ich mich auf's Bett. Gäu Grosi, das ins Bett gehen ist ja das Schönste vom ganzen Tag.

Alice zum Tag: Ich habe sehr geschwitzt und ich mochte fast nicht laufen (nach dem Zmittag). Es hat mir gefallen. Claudia und Remy mussten mir die Hand geben und mir dazu Geschichten erzählen, damit ich das Laufen vergessen konnte.
(Claudia)

Der nächste Tag startet mit einem feinen Frühstück draussen auf der Terrasse, bei schönstem Sonnenschein und stahlblauem Himmel. Frisch gestärkt und ausgeschlafen setzen wir unser Trekking fort. Nachdem wir schon gestern rund 1000 Höhenmeter hinter uns gebracht haben, sind heute wiederum knapp 1000 weitere auf dem Programm. Jedoch geht es nicht ganz so ruppig bergauf, wie am Schluss des Vortages. Unsere Wanderung führt zuerst nach Banthanti (2300 m ü.M), wo wir zu Mittag essen. Dann geht es weiter, immer etwas bergauf nach Ghorepani, welches auf 2905 m ü.M. liegt und wo wir im "Hungry Eye" übernachten. Nach einer erfrischenden Dusche, setzen wir uns auch hier rund um den gemütlichen Holzofen. Auch dieser sieht aus, wie aus einem grossen Ölfass gemacht.

"Hungry Eye" passt gut, sind wir dank der körperlichen Tätigkeit doch wirklich immer very hungry. Toll ist, das wir einfach nach Lust und Laune etwas auf der Speisekarte aussuchen können und überhaupt nicht auf den Preis schauen müssen. Das Essen im Hungry Eye ist sehr lecker. Louis und ich haben einen Chicken Sizzler bestellt, ohne zu wissen, dass es ein Sizzler ist. Als die Wirtin damit aus der Küche kommt, staunen alle über die gewaltigen Stichflammen und manch einer denkt wohl "hätte ich doch nur auch..."

Die Speisekarten sehen sich in den vielen Trekking-Gasthäusern sehr ähnlich und die Preise sind alle von der hiesigen Trekking-Vereinigung abgesegnet. Lustig ist auch, dass wir immer wieder auf die gleichen Leute treffen, welche auch die selbe Trekkingroute machen wie wir. Da ist zum Beispiel ein älteres Paar aus Paris, welches etwas an den Strapazen zu beissen hat und ganz schön ob der Fitness unserer Kinder staunt. Ja, ausser dem Montmartre hat es in Paris halt nicht so viele "Berge"... Während den ganzen Tagen herrscht eine sehr familiäre Stimmung. In der Hochsaison geht es hier wohl sehr anders zu. Wie unser Guide Ashta erklärt, kann es da dann schon zu "traffic jam" kommen, vor allem, wenn dann an einer engen Stelle noch eine Herde Maulesel, Ziegen oder Kühe auf die unzähligen Trekkingtouristen treffen. Die Übernachtungen müssten dann auch besser geplant sein. Die Träger würden dann nie mit der Gruppe unterwegs sein, oder wie bei uns immer wieder auf uns warten, sondern vorauseilen und dann schauen, das abgestimmt auf das zu erwartende Etappenziel, die nötige Anzahl Betten reserviert werden kann. Das würde mich ja soooo etwas von "angurken"! Wir sind auf alle Fälle super zufrieden mit unserer Low-Season-Situation. Gut, wir haben auch etwas Glück mit dem Wetter. Seit wir in Nepal angekommen sind, strahlt jeden Tag die Sonne und es ist tagsüber T-Shirt-mässig warm.
Hier oben in Ghorakpur ist es nach Sonnenuntergang natürlich sehr kalt und wir sind froh, gute Daunenschlafsäcke dabei zu haben, in denen es kuschelig warm ist. Wir gehen früh zu Bett, da wir anderntags vor Sonnenaufgang etwa 45 Minuten zum Poon Hill (3'210 m ü.M) aufsteigen wollen, um umgeben von Dhaulagiri, Annapurna und Co. der Sonne beim Aufgehen zuschauen zu können.

Frühmorgens ertönt die nicht gerade zärtliche, etwas monotone Stimme der Frau, welche sich in meinem indischen Handy versteckt hat: "The time is – 5.30 – time to get up! The time is – 5.30 – time to get up!" Wir schälen uns aus unseren Schlafsäcken und ziehen uns warm an. Draussen ist es stockdunkel und drinnen wohl eben so kalt wie draussen. Ab und zu sehen wir ein paar Taschenlampen durch die Gegend wandern. Klar, wir werden nicht die einzigen auf Poon Hill sein. Mit unseren beiden Guides machen wir uns dick eingepackt in unsere Daunenjacken auf in die Kälte. Schon bald geht es hohe Steintreppen bergauf und Alice macht schon nach wenigen Metern schlapp. Einen klitzekleinen Augenblick spiele ich mit dem Gedanken, sie zu tragen, komme dann aber sofort zur Besinnung, lasse die anderen vorausgehen und bringe Alice zurück in die wohlige Wärme des Schlafsackes. Sie kuschelt sich sofort ein und sagt, es sei kein Problem sie alleine zu lassen, sie wolle einfach nur schlafen. So mache ich mich wieder auf, um die anderen einzuholen. Sämi macht der Aufstieg Mühe, er klagt über Bauchschmerzen und Übelkeit. Ja, am Morgen früh, mit leerem Magen, so ruppig aufsteigen zu müssen, ist schon happig. Hier wäre wohl ein vorheriger warmer Tee und eine "Schokobombe" nötig gewesen. Wir sind erst knapp in der Hälfte des Aufstiegs, Sämi will nicht weiter und sagt, er wolle lieber hier warten, bis wir wieder runterkommen. Okay, die Umgebung ist nicht gefährlich und so lassen wir ihn dort sitzen und gehen weiter. Schneller als erwartet und noch bevor die Sonne aufgeht, erreichen wir den bekannten Aussichtspunkt. Es hat schon viele Leute dort, die meisten sehen ziemlich durchfroren aus, einige sind wohl schon mehr als eine halbe Stunde dort am frieren. Wir ziehen unsere super Daunenjacken, welche wir beim anstrengenden Aufstieg ausgezogen haben, wieder an und fühlen uns ganz wohl. Der Dhaulagiri, mit seinen 8'167 m ü.M. der 7-höchste und Annapurna I (8'091 m ü.M.) der 10-höchste Berg der Welt, sind fast zum Greifen nahe.

Wir geniessen den Sonnenaufgang hier oben in vollen Zügen und plötzlich sehe ich, eine rote Daunenjacke auftauchen.

Es ist Sämi, der es trotzdem noch gepackt hat und ganz wacker auf uns zu schreitet. "Ich habe mir gedacht, dass kann ich so schnell nicht wieder erleben. Und es war gar nicht mehr so weit, wie die Guides gesagt haben."
Wir geniessen die schöne Stimmung, währenddem die meisten anderen, vor allem diejenige, welche schon viel zu früh hier oben waren, sich durchfroren auf den Abstieg machen.

In einer kleinen Baracke ist sogar ein kleiner Kiosk eingerichtet und wir kommen, wenn auch etwas verspätet, doch noch zu unserer "Schoggibombe". So unvorhergesehen schmeckt diese natürlich noch viel besser.




Der Abstieg ist dann natürlich "peanuts" für uns und schon bald können wir zusammen mit der nun auch munteren Alice das Morgenessen geniessen.
Die heutige Route führt uns dann von Ghorepani via Deurali und Banthandi (Lunch) nach Tadapani. Zuerst geht es wieder ziemlich bergauf, so dass wir Höhenmetermässig bald wieder gleich hoch wie der Poon Hill sind.


Ein letztes Mal grüsst uns der Dhaulagiri (ganz links), bevor er dann aus unserem Blickwinkel verschwindet.


Nachher geht es abwechslungsreich weiter, bevor es zum Schluss nochmals (laut Guide) 30 Minuten steil nach oben geht. Alice will schlapp machen und wir beginnen abwechslungsweise mit "Es isch emol e Maa gsi, dä hett e hohle Zahn gha...". Alice vergisst die Steigung und wir sind nach 20 Minuten oben ;-)


Tandapani liegt auf 2'620 m ü.M. und kriegt zu dieser Jahreszeit wohl nicht viel Sonne ab. Es wirkt alles sehr feucht und anderntags, als wir aufstehen, hat es überall Reif.





Der vierte Trekkingtag ist dann oberpeanuts.

Es geht praktisch nur bergab, durch wunderbare "Jungle"-Landschaft und schon nach etwa 3 Stunden erreichen wir unser Tagesziel, das Annapurna-Guesthouse in Ghandrung (1'970 m ü.M).

Es ist super warm, wir essen draussen zu Mittag und geniessen die Bergsonne. Nachmittags ist dann noch ein kurzes Sightseeing angesagt. Wir besuchen ein kleines Museum und ein ebenso kleines Kloster.



Unser letzter Wandertag führt uns zurück an unseren Ausgangsort Nayapul, von 1'970 auf 1'070 m ü.M. Es geht also ziemlich bergab. Die Aussicht ist aber wieder atemberaubend schön, genauso wie auch das Wetter.

Für einmal zieht sich das Wandern aber wirklich in die Länge. Zum Schluss, nachdem wir am Fluss angelangt sind und die groben Höhenmeter geschafft haben, geht es trotzdem noch mehr als eineinhalb Stunden geradeaus weiter. Es ist ziemlich warm und wir sind ziemlich "uf de Wegge". Sämi hängt sich wie immer unserem Träger Ram an die Sohlen und Louis kämpft sich bis zum Schluss durch. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Claudias Rucksack den ganzen Tag zu tragen. Was zuerst wohl nur als kleiner Versuch (Spass) gedacht war, wird ernst, nachdem Claudia einwilligt, einen Viertel an die Kosten für einen neuen Rucksack beizutragen, falls er das schafft. Endlich erreichen wir unseren letzten Verpflegungsposten. Es ist dort, wo wir vor fünf Tagen gestartet sind. Auch Claudia und Alice kommen bald an. Claudia hat alles gegeben...beim Geschichten erzählen für Alice!

Nach dem wohlverdienten Mittagessen geht es noch knapp eine halbe Stunde bis zur Strasse, wo uns unser Taxi schon erwartet. Wir fahren zurück nach Pokhara, duschen, ruhen uns etwas aus und gehen dann mit unseren Guides ein letztes Mal Nachtessen.

Am folgenden Tag fahren wir mit dem Bus wieder etwa 6 Stunden zurück nach Kathmandu. Das Ankommen in dieser Stadt ist jetzt ganz anders. Es ist fast wie ein Heimkehren. Wir kennen uns schon etwas aus und wissen auch in welche Unterkunft wir kommen. Und natürlich hoffen wir mit unseren Visas bald weiter zu kommen.
Unser Trekking war für uns alle ein tolles und eindrückliches Erlebnis. Und wir erinnern uns schmunzelnd an Alice's Worte vor dem Trekking: "Auso uf's Loufe freue i mi überhoupt nid. Aber uf all die neue Sache, wo mir chöi gseh!!"
(Rémy)