Donnerstag, 20. Mai 2010

Zugfahrt Chennai - Varanasi

Mein Geburtstag war übrigens total schön, friedlich und gemütlich und im Nachhinein bin ich so froh, dass es mit dem Zugbilett für den 15.5. nicht geklappt hat. Rémy hat die Tickets für Montag ergattert, mein grösstes Geschenk! Swamy vom Bob Marley hat mir die wunderbar kitschige Geburtstagstorte besorgt, den Tisch mit einem roten Stofftischtuch und einer Ananas als Deko geschmückt, mir eine wunderschöne Jasminblütenkette geschenkt und noch ein Bild mit schönem Spruch. Von den Kindern habe ich auch kleine Geschenke bekommen und ich habe mir ein "Om-Windlicht" gekauft, welches von einem Steinmetz von Hand gemacht wurde und zwei Tops, welche von einem Schneider genäht wurden – ihr seht, ich habe es mir gut ergehen lassen, das wäre im Zug niemals möglich gewesen... Das leckere Nachtessen gemeinsam mit den beiden Schwedinnen war schlichtweg eine Wucht: Drei riesige Fische und viel Gemüse mit Frischkäse, ganz wunderbar gekocht. Abgetanzt wie geplant haben wir dann doch nicht, einfach den schönen Abend mit guter Musik ausklingen lassen, sozusagen nur "gechilled"...

Samy hat seit Freitag tatkräftig im Bob Marley mitarbeiten geholfen. Zuerst noch vorwiegend in der Küche, nachher auch langsam im Service. Am Sonntag hat er dann vollen Einsatz geleistet: Bestellungen entgegengenommen, serviert, sogar Shakes selber gemacht, Geschirr abgeräumt, geputzt, aufgeräumt – wirklich super Einsatz, Swamy war froh um seine Mithilfe und Samy hats sehr gerne und gut gemacht.

Unser letztes Familienfoto im Bob Marley

So machen wir uns am Montag, nach der Packerei und der Verabschiederei von den lieben Leuten im Guesthouse auf, unsere "Heimreise" anzutreten. Unser Ziel ist das rund 2350 km entfernte Kiran, unser indisches Zuhause. Am Busbahnhof ist unser Bus schon voll und wir warten auf den nächsten. Als dieser aber innerhalb 15 Min. nicht kommt – normalerweise warten wir nicht solange! – entschliessen wir uns, halt trotzdem den AC (Klimaanlage) Bus zu nehmen, den wir eigentlich nicht wollen und der erst noch 3x teurer ist. Die Kinder beginnen schon bald zu murren, es sei zu kalt und sie möchten nicht mehr AC fahren... Da können sie sich ja freuen, denn der Zug wird auch klimatisiert sein (übrigens auf ihren Wunsch hin).

Im Bahnhof von Chennai decken wir uns mit den obligaten Biscuits und Wasservorräten ein. Der Zug fährt eine halbe Stunde vor Abfahrt ein und wir beziehen unser Zuhause für die nächsten ca. 38 Stunden. Die beiden Leute mit welchen wir das Abteil teilen, möchten ihre Plätze nicht mit unseren Seitenplätzen, welche wir noch haben, wechseln. Schade, spielen geht so gut, wenn wir ein Abteil für uns alleine haben. Die Frau – es sind Mutter und Sohn – schaut sehr ernst und verbittert drein und würdigt uns keines Lächelns. Schon bald merken wir auch, warum: Sie muss unter wahnsinnigen Schmerzen leiden. Ihr Sohn reibt ihr die Schulter ein, gibt ihr tonnenweise Medikamente und spritzt ihr auch 2x täglich irgend etwas in den Oberschenkel. Wahnsinn, wie er sich um sie kümmert! Die beiden sind angenehme, ruhige "Mitbewohner".

Um 21.00 Uhr, Sämi hat schon geschlafen, Alice und ich annähernd, kommt endlich unser Znacht, auf welchen wir so lange gewartet haben. Nach dem Essen gehen wir alle sofort schlafen, wir sind k.o.

Heute, Dienstagmorgen ertönt es dann um 06.00 Uhr, ca. im 10 Min. Takt, mit lauter, kräftiger Stimme: "Chai, Coffee, Chai". Von mir aus hätten die schon noch ein bis zwei Stunden warten können... Louis ist am Bellen und Nase putzen wie ein Wilder: Er hat sich total erkältet, Klimaanlage (die Wolldecke hat sicher auch noch mitgespielt) sei Dank! Seine Augen sind wiedereinmal wie "geklöpfte" Sicherungen, total geschwollen und gerötet. Noch 24 Std. dann ist's wieder vorbei mit der Klimaanlage und wir werden vielleicht schon bald sehnsüchtig an diese zurückdenken.

Unser Zugtag geht relativ kurzweilig vorbei: Hausaufgaben, (nur) ein Dog-Spiel (wegen den Platzverhältnissen), zu den Fenstern herausschauen, die leider sehr dreckig sind, obwohl sie heute zweimal geputzt werden (der Dreck und das Kondenswasser bleiben leider innerhalb der Doppelscheibe hängen!). Erst gegen Abend beginnen die Kinder etwas "aufzudrehen" und etwas wild zu spielen, aber egal, ist ja normal. Das offizielle Znacht vom Zugpersonal haben wir heute abbestellt, weil das wieder erst um 20.30 Uhr serviert wird. Wir haben uns an einem Halt mit Bananen, Pakoras, Chips etc. eingedeckt. So sind wir alle um 19.30 Uhr bereits in unseren Betten und hoffen, nochmals gut zu schlafen. Um 21.30 Uhr dann noch ein "abruptes" Intermezzo: Unsere Mitbewohner bekommen Besuch, zünden das Licht nochmals voll an und der Besuch redet extrem laut und in einer Selbstverständlichkeit! Ich werfe (zum ersten Mal in Indien!) meine Ohrenstöpsel ein und denke nur für mich "thats India"! und freue mich, wenn wir dann Morgen um ca. 07.00 Uhr (sofern keine Verspätung eintrifft – bis jetzt ist unser Zug "oberpünktlich") in "unserem" Varanasi eintreffen – Juppi Kiran!

Klar ist schon jetzt: Die AC-Buchung Varanasi – Delhi werden wir annullieren! Wir alle sind keine FreundInnen der Klimaanlagen und wir werden auf "sleeper" umbuchen, ohne AC!!!
(Claudia)

PS. Unser Zug hatte schlussendlich 40 Minuten Verspätung. Auf 38 ½ Stunden Fahrzeit, ist das schlicht sensationell!

Hier ist der Link zur aktuellen Karte

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