Freitag, 7. Mai 2010

Kantönligeist im grossen Indien - Internet und andere funktionale Störungen

Die beiden letzten Blogeinträge sollten eigentlich schon länger im Internet sein, doch seit wir hier in Pondicherry sind, funktioniert unser "super"-Stick natürlich wieder einmal nicht. Das geht so: Den Stick habe ich in Kerala (=indischer Staat) gekauft. Nachdem wir die Grenze zwischen Kerala und Tamil Nadu überschritten hatten, funktionierte auch das Internet nicht mehr, weil sämtliches Guthaben für Roaming-Gebühren draufging. Nun, schlussendlich konnte der Idea-Manager mit Hängen und Würgen das Problem für uns in Madurai tatsächlich lösen und das Teil lief wunderbar, wir konnten sogar einmal damit skypen. Jetzt sind wir aber in Pondicherry. Und Pondicherry ist zwar nur eine ganz kleine französische Enklave, welche 1954 dem Indischen Bundesstaat einverleibt wurde, aber somit eben auch ein eigener indischer Staat. Und darum geht natürlich jetzt unser Internet-Stick wieder nicht. Guthaben = praktisch null, aufgrund von Roaming-Gebühren. Im Idea-Showroom (tönt super, oder?) ruft eine freundliche Dame dem Customer Service an, der sofort sagt, das gehe sie nichts an, man müsse den Kerala Customer-Service anrufen. Im Moment herrscht gerade Stromausfall und die freundliche Dame kann nicht per Festnetz nach Kerala anrufen und auf ihrem Idea-Handy hat es zuwenig Gesprächsguthaben, um soweit zu telefonieren. So versuchen wir es mit meinem Handy. Als sie sich meldet und sagt, sie sei von einem Idea-Shop, wird das Telefon gerade kurzum abgehängt, diese Nummer sei nur für Kunden. Schliesslich hänge ich mich dann selber an die Strippe und versuche mein Problem klarzumachen. Ich warte unendlich lange, muss das Ganze noch ein zweites Mal erklären, warte wieder unendlich lange und am Schluss sagen sie, ich solle einfach noch etwas Guthaben draufladen, dann würde es wieder funktionieren, obwohl ich ja für 30 Tage schon bezahlt habe. Dass das Problem bei Idea liege und nicht bei mir, wollen sie einfach nicht begreifen und verweisen mich an den Idea-Beschwerdedienst, welcher sich mit mir in Verbindung setzen werde... Ja, ja, blablabla. Ich gebe auf. Bis da etwas geht, sind wir längst wieder in der Schweiz. Und eigentlich wäre jetzt ja Hochsaison für meine Stellensuche. Bleibt nur noch zu hoffen, dass das Ding dann beim nächsten Kantonswechsel, zurück in Tamil Nadu, wieder funktioniert. Der "Indische Kantönligeist" lässt grüssen!

Die anderen funktionalen Störungen betreffen immer noch meinen Körper. Ich kriege ein weiteres Afrika-Flashback, wo ich dasselbe auch schon erlebt habe. Nach meiner "Oben- und Untenraus-Party" vom letzten Sonntag, fühle ich mich immer noch total dehydriert und bin dementsprechend schlapp und appetitlos. Mal schauen, wenn's mit einer Stelle nicht klappt, kann ich mich ja immer noch als magersüchtiges Model bei einem Verlag melden. Mit etwas tüchtig Schminke und der einen oder anderen kleinen Schönheitsoperation liesse sich da sicher noch etwas machen...

Pondicherry ist ja vor allem auch bekannt durch das Sri Aurobindo-Ashram und der nur wenige Kilometer ausserhalb gelegenen Modellstadt Auroville, welche aus der selben Bewegung entstanden ist. Als Gast in einem Sri Aurobindo-Guesthouse können wir für 20 Rupien (!!!) pro Person Essensgutscheine für drei Mahlzeiten beziehen und in der Stadt in der Sri Aurobindo-Kantine essen gehen. Dort haben wir heute Donnerstag auch mit Eugen abgemacht.

Eugen ist 72 Jahre alt, Schweizer, und lebt seit 9 Jahren in Auroville. Durch seine Tochter, welche wie auch wir in Biberist wohnt (wohnen wir in Biberist?), haben wir zu ihm Kontakt gefunden. Er erzählt uns einiges über sich und vor allem über die Idee von Auroville (http://www.auroville.org/). Zuerst hören wir ihm im nahegelegenen Park zu. Doch dort ist es trotz schattiger Bäume fast unerträglich heiss. Louis schwitzt wie ein Wasserfall. So machen wir uns zu Fuss auf den Weg zu unserer Unterkunft. Unterwegs lädt uns Eugen in ein topschickes, auf europäisch gestyltes Restaurant ein, da er Lust auf einen Kaffee hat. Die Kinder freut's natürlich ungemein und Sämi driftet wieder einmal ab. Er möchte dort am Abend eine Pizza für mehr als 350 Rupien essen gehen, weil die auf dem Bild so lecker aussieht. "Säääämi, aufwachen!" Erstens haben wir noch unsere 20-Rupien-Gutscheine, zweitens hat dir doch das Essen im Ashram ganz gut geschmeckt und drittens, denke an die tolle Lasagne von vorgestern... Und in ein solches Lokal gehen wir sowieso nicht essen. That's not India!
Item, auf alle Fälle wird uns Eugen auf unserem morgigen Besuch in Auroville begleiten, was natürlich super ist. Denn so kriegen wir einen besseren Einblick und er kann uns auch etwas mehr "Bewegungsfreiheit" verschaffen.
Am Abend raffe ich mich auf und gehe trotz ziemlicher Appetitlosigkeit mit meiner Familie wieder mal Abendessen. Ich esse brav ganz wenig Reis, Dhaal, Porridge und Curd (Naturejoghurt). Und auf dem Nachhauseweg finde ich dann tatsächlich noch eine Apotheke. Was heisst eine? Gleich mehrere! Wie es für Indien typisch ist, sind die Geschäfte nicht wirklich in der Stadt verteilt, sondern meist zusammen. Also alle Apotheken auf einem Haufen, alle die Küchenwaagen verkaufen auf einem Haufen, alle Schreiner auf einem Haufen etc. Egal, ich kriege mein Elektrolyt-Pulver und versuche nun meinen Wasserhaushalt wieder ins Lot zu bringen. Es scheint zu gelingen.
So, jetzt wird wieder mal gepackt. Wir werden 4-5 Kilometer nördlich ziehen und uns eine Strandunterkunft suchen. In den Golf von Bengalen hüpfen und uns dann auf nach Auroville machen. Und falls der blöde Internet-Stick dann nicht bald funktioniert, hüpft auch er in den Golf von Bengalen... Nein, natürlich nicht, für die Verschmutzung unserer Meere sind andere zuständig. Im Moment ist glaube ich gerade wieder BP dran, oder?
(Rémy)

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