Sonntag, 9. August 2009

Ravinivas - khelnã khelnã - Ham sãñp dekhthe!

Wie der Name erraten lässt, ist das Ravinivas das Zuhause von Ravi. Obwohl wir offiziell noch nicht im Einsatz sind, nehmen wir heute unsere erste kleine, regelmässige Arbeit auf. Diese besteht nämlich darin, dass jemand von uns (Claudia oder Rémy) Clementia unterstützt, wenn diese Ravi aufnimmt, wäscht und ankleidet. So stehen unser grosser Ravi-Fan Sämi und ich bereits wieder um 06.30 h auf und sind dann rechtzeitig um 07.00 h bereit beim Ravinivas. Clementia ist nicht mehr die Jüngste und ist deshalb froh, wenn man ihr bei der Morgentoilette von Ravi etwas unter die Arme greift. Ravi ist zwar ein schmaler Bursche, jedoch auch schon etwa 15 oder 16 Jahre alt (das weiss man nicht so genau). Zuerst heisst es ausziehen und Ravi ins Bad tragen. Dort wird er auf den Fussboden gesetzt, die Zähne werden geputzt (elektrisch!) und dann gibt es das grosse Einseifen von Kopf bis Fuss. Clementia fackelt nicht lange und schruppt ihn kräftig ein. Das scheint Ravi überhaupt nichts auszumachen. Dann mit dem Wasserschlauch gründlich abspritzen, in ein Tuch einwickeln, aufs Bett tragen, Trockenreiben und anziehen. Danach setzen wir Ravi in seinen Rollstuhl, binden ihn fest und fertig ist die Morgentoilette. Da das Ganze so schnell gegangen ist, machen Sämi und ich noch einen kleinen Morgenspaziergang mit Ravi. Bereits jetzt spüren wir, es wird ein heisser Tag...
Beim Morgenessen dann der grosse Schock. Unser Brot ist angeschimmelt. War wohl keine gute Idee, dieses aus dem Kühlschrank zu nehmen und in einer Brotbüchse aufzubewahren, wie bei uns zu Hause. Jetzt kann uns nur noch das Girls-Hostel retten. Dhanyawãd, dhanyawãd! Die Capãti und Geschwelti mit Konfitüre schmecken lecker und füllen unsere Bäuche. Dazu trinken wir unseren obligaten Chai, den alle gerne haben.

Bereits vor dem Mittagessen stürzen wir uns zur Abkühlung ins Bassin. Das Wasser von gestern ist zwar nicht mehr ganz so frisch, aber trotzdem erfrischend. Zum Mittagessen nehmen wir ein paar Spiele mit: Brändi Dog, Shot the box und Car jitna (Vier gewinnt). Bereits nach kurzer Zeit bricht das Spielfieber aus. Claudia und die Jungs bringen den Mädels Dog bei, was diese erstaunlich schnell begreifen. Bohot acchî! Ich nehme zuerst Vier gewinnt und lerne folgende Wörter neu: lal (rot), pila (gelb) Mai chitga! (Ich habe gewonnen!) und Mai hardia (Ich habe verloren). Sogar bei Nidhi und Punam (beide gehörlos) gelingt es schnell, dieses Spiel beizubringen. Zum Teil spiele ich sogar stereo, mit der einen Vier gewinnt und mit der anderen Shut the box. Bald schon erklären aber die Mädchen einander gegenseitig, wie die Spielregeln gehen. Was will man mehr? Da spielt die Pädagogik von alleine. Oder ist das jetzt Didaktik? Ach, lassen wir das!
Bei Shut the box merke ich schnell, dass dieses Spiel etwas für die Schule wäre. Da werden nämlich fast alle Additionen und sei dies nur 2 plus 3, an den Fingern abgezählt. Auch 12 plus 10 wird mit Hilfe der Finger gerechnet. Ich denke, da könnte dieses Spiel sehr gut weiterhelfen. Einerseits beim Rechnen im unteren Zahlenbereich, andererseits auch beim Lernen der Englisch gesprochenen Zahlen. Mal schauen, vielleicht kann ich dieses Spiel der IQ-Toys-Werkstatt des Kiran schmackhaft machen. Wenn das klappen würde, könnte man es dann in der Schule einführen. Das wäre toll, aber alles zu seiner

"AAUUUTSCH!!!!, ich glaub's einfach nicht, jetzt hat mich doch soeben eine dieser Ameisen in einen Zeh gebissen und ich blute!?! Klar sind die Dinger etwas grösser als bei uns, so etwa 1-1,5 cm gross. Aber dass die mich gleich blutig beissen müssen? Ich fand die eigentlich noch friedlich. Wahrscheinlich bin ich ihr zu nahe getreten." - Vita-Merfen, Spraypflaster und weiter geht’s.

Also, alles zu seiner Zeit ("donidoni" auf Djoula und ich glaube "dhire dhire" auf Hindi), langsam langsam.

Nach dem Spielen gibt es noch ein feines Zvieri (frittierte Bananenkügelchen und Chai) und Jintamani, der für das Becken zuständig ist, teilt mit, dass das Wasser gewechselt wird. Claudia hilft noch etwas beim Becken putzen und ich mache einen leider vergeblichen Internetversuch, da es wieder einmal heisst bijlî nahiñ hai (Stromausfall). Das kommt mehrmals täglich vor, heute ist Sonntag und der Notstrom speist nur die Hostels und unser Guesthouse, aber nicht den Bürotrakt. Und wenn dann in der Nacht der Strom ausfällt und unsere Notstrombatterie auch alle ist, dann heisst es dann Yaha, bohot garmi hai (Hier ist es sehr heiss). Was es heisst, ohne Ventilator im Büro zu sitzen und am Compi zu schreiben, erlebe ich heute. Der Schweiss läuft bachweise den Körper runter, ich halte aber tapfer durch, bis der PC in den Stand By Modus fällt, weil auch bei ihm der Akku leer ist. So bleibt mir nichts anderes übrig, als Übung abbrechen, zusammenpacken, Badehose anziehen, T-Shirt anbehalten und dann indische Regeln hin oder her - schwupp ein Sprung ins kühle Nass. Und niemand stört es...

Ja, und eigentlich wollte ich mich heute Nachmittag, als Sangeeta beim Zvieri vorbeikam, bei ihr beschweren, da wir unsere Taschenlampen extra der Schlangen wegen mitgenommen haben... und ihr wisst schon was, oder?
Louis und ich wechseln nach dem Baden im Guesthouse die Kleider und machen uns auf den Weg zum Girls Hostel und oops! Oeuf oeuf que lac je im Schein der Taschenlampe?? Da liegt doch tatsächlich eine 8 Meter lange Boa Brain Constructor vor uns auf dem Weg. Mit aufgerissenem Mund und fletschenden Giftzähnen bäumt sie sich vor uns auf und verwandelt sich in ein riesiges Ungetüm, einem feuerspeienden Drachen ähnelnd. Ich ziehe meinen Indiana Jones Dolch und... Ah nein, sorry, das ist der falsche Film. Also, da liegt doch tatsächlich meine lang ersehnte erste Schlange vor uns auf dem Boden. Wir bleiben stehen - oder ehrlich gesagt, machen noch zwei Schritte rückwärts - und lassen das liebe Tierchen davon schleichen. Aber so ungefähr einen Meter lang war das Teil schon. Nur konnten wir in der Dunkelheit nicht viel mehr von ihrem Aussehen erkennen. Fazit: Auch meine lieben Familienmitglieder werden in Zukunft nicht mehr ohne Taschenlampe und/oder barfuss durchs Dunkle wandern...
Das Essen hat trotzdem wieder wunderbar geschmeckt. Es war auch etwas more spicy und die Kinder kommen langsam auf den Geschmack.
(Rémy)
PS. Es kann dann gut sein, dass unsere Texte mit der Zeit etwas kürzer und vielleicht auch nicht mehr täglich ausfallen. Es ist nämlich schon wieder spät und ich gehe jetzt schlafen (schwer verletzt, sch.... äh schöne Ameise!)

2 Kommentare:

  1. Hey zäme... jetzt endlich kann ich's auch... Das "Bloggen". Ich hoffe, dass die Texte auch weiterhin so spannend bleiben, so habe ich regelmässig mein Guetnacht-Gschichtli und kann von Indien träumen... Grüessli Bibbu und Family

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  2. Ja he, Mann oh Mann, da will ich mir doch heute Nachmittag nur kurz virtuell bei einem Indien-Spaziergang den Kopf durchlüften und besuch den Blog zum ersten Mal und was passiert da mit mir? Anstatt nur ein paar Minuten lese ich eine halbe Stunde lang, sauge die Wörter, den Duft von Varanasi und des Ganges und des Currys ein, mein Herz fängt an überzulaufen vor lauter Sehnsucht nach der Ferne und ich denke: Wow, gut gemacht, ich freue mich riesig für euch und bin gespannt ob der weiteren Berichterstattung und ja, natürlich habe ich mir auch vorgenommen, den BCM für eine etwas weitere Reise als üblich zu erwärmen... :-) ....vielleicht klappts ja. Häbets guet und alles Liebe nach Indien von BeatPetraLouMoritz+Nino

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