Donnerstag, 13. August 2009

Zum ersten Mal beim Arzt - Zum ersten Mal im Boys-Hostel

Gestern hat Sämi noch sein zweites, fiebersenkendes Tablettli geschluckt, nachdem mich alle ganz entsetzt angeschaut haben, als ich ihnen sagte, ich hätte ihm nichts gegeben ... Heute Morgen besucht unsere ganze Familie den Kiran eigenen Arzt zum ersten Mal. Sämis Fieber ist zwar praktisch weg, er ist aber immer noch recht schlapp. Verordnung: Ruhen, ruhen, ruhen und viel trinken.
Zu unseren Hitzebibelis gibt's auch nicht viel zu sagen: Viel Wasser und immer gut pudern.
Am Nachmittag nehmen Louis, Alice und Claudia wieder ein erfrischendes Bad im Pool. Das Wasser ist heute richtig kühl, herrlich ... Später geht Rémy mit Ravi auch noch kurz rein - für Ravi ist die Wassertemeratur aber eher an der unteren Grenze.
Nachdem Louis und Rémy den Fussball aufpumpen lassen konnten, geht Louis mit Mishtu etwas Fussballspielen. Da rafft sich sogar Sämi auf, gibt alles und geht den beiden etwas zuschauen ...
Beim Zvieri bei den Girls feiern wir noch Mishtus 9-ten Geburtstag. Er kommt mit seiner Mutter Nidhi vorbei, mit einem grossen Sack voll Täfeli und Biskuits. Das ist natürlich eine gerngesehene Überraschung J. Wir singen ihm Happy Birthday auf alle uns bekannten Sprachen und die Kinder staunen nicht schlecht.

Gegen Abend kommt Claudia mit der überraschenden Nachricht vorbei, dass wir die nächsten drei Tage im Boys-Hostel essen sollen. Louis schiebt gleich eine Krise, da er schon etwas müde ist und meint, das Boys-Hostel liege meilenweit entfernt. Dazu kommt noch, dass er sich mit dem Essen im Girls-Hostel sehr angefreundet hat. Und was der Bauer nicht kennt...
Klar liegt das Boys-Hostel etwa 200 Meter ausserhalb des Kiran-Centers und es ist für uns natürlich praktischer, wenn wir nur schnell zwei Häuser weiter ins Girls-Hostel stolpern können. Aber schliesslich fragt Rahul, der uns bei unserer Ankunft in Varanasi abgeholt hat, fast täglich, wann wir denn endlich zu ihnen essen kommen.
So machen wir uns zu fünft auf den Weg durch die Dunkelheit. Sämi kommt mit, obwohl er immer noch krank ist. Der Strom ist wieder mal weg, wir sind aber ausgerüstet mit unseren Taschenlampen, um nicht noch einer Kobra auf den Schwanz zu treten. Louis ist positiv überrascht, dass es doch nicht so weit ist, bis zum Hostel und die Welt ist wieder in Ordnung.

Ja, aber wieder einmal ist es "totally different". Im Girls-Hostel werden vor dem Essen Teppichstreifen ausgerollt, auf die man sich setzt, dann wird allen das Essen geschöpft und man wartet, bis alle ihren Teller vor sich haben. Anschliessend wird das Tischgebet gesprochen und nach "shanti, shanti,shanti" wird gegessen.
Als wir beim Boys-Hostel ankommen ist es natürlich schon stockdunkel, was ja auch nicht immer angenehm ist, wenn man an einem neuen Ort ankommt. Rahul begrüsst uns freudig und zeigt uns gleich, wie es bei ihnen aussieht. Das Gebäude ist speziell, es hat nämlich einen zum Himmel offenen Innenhof. Als dann Ranjeet, der neue Leiter des Boys-Hostels kommt, wird zuerst mal der Fernseher gestartet. Wir sitzen im Innenhof an Tischen und beginnen mit dem Fotografieren und Namen aufschreiben, wie wir es bei den Mädchen auch schon gemacht haben. Es hat vor allem viele kleine Jungs, die alle ein bisschen "verschüpft" aussehen. Bei den Girls war das halt schon anders. Die sind eigentlich alle schön angezogen und achten auf ihr gepflegtes Äusseres.
Nun ja, mit der Zeit werden aus der Küche Teller gebracht und vor uns hingestellt. Irgendwie haben wir das Gefühl, wir müssten schon beginnen mit essen, obwohl noch nicht alle ihren Teller vor sich haben. Ich frage dann bei Ranjeet nach und es scheint mir, er sei etwas überrascht. Auf alle Fälle warten wir und nach einer Weile haben dann wirklich mehr oder weniger alle ihren Teller vor sich. Ranjeet gibt dann einem grösseren Jungen die Anweisung das Tischgebet zu sprechen. Es scheint, dass das hier nicht zum Alltag gehört. Währenddem bei den Girls alle ausser uns lautstark mitsprechen, hört man hier nur den einen Jungen, der durch Ranjeet unterstützt wird. Der Fernseher läuft übrigens immer noch und wird auch bis zu unserem Weggehen nicht abgestellt. Gut, es kann sein, dass sie den wegen uns laufen liessen. Aber dadurch kommen wir nicht gross in Kontakt mit den Jungs. Irgendwie merken wir, dass wir es hier mit einem "typischen" Männerhaushalt zu tun haben, dem das Familiäre (noch) etwas fehlt. Das Boys-Hostel war in letzter Zeit immer wieder von personellen Veränderungen betroffen und da gibt es sicher noch einiges zu tun. Sangeeta ist sich dessen bewusst und meint, es wäre das Beste, wenn sich ein Ehepaar dem Boys-Hostel widmen würde.
Sämi schläft fast ein und ist total K.o. und auch Alice will nur noch Nachhause, sie fühlt sich jetzt auch heiss an. So mache ich mich mit den beiden schon mal auf den "langen" Heimweg. Die Kinder sind noch nie so schnell ruhig gewesen und eingeschlafen wie heute Abend ...
(Rémy & Claudia)

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